Tierwelt
In Waligoi findet sich eine Vielzahl von Tierarten, die im ewigen Kreislauf als Beute oder Jäger dienen und dabei dem Land ihren Stempel aufdrücken. Riesige Herden von Mikill, Yakhs und Rentieren weiden in den Tundren, in deren Untergrund Kaninchen und Lemminge ihre Gänge graben, verfolgt von Wölfen und Bären. Birkhühner, Reifgänse, Blaumöwen, Raben und andere Vogelarten sitzen auf ihren Nestern oder suchen nach Nahrung, immer auf der Hut vor Raubvögeln wie dem riesigen Tönnyr-Ar, den Seeadlern oder dem Pfeilfalken. In den Wäldern sind Elche, Rehe und Wölfe, große Katzen und Bären heimisch, In den Seen und Flüssen schwimmen der Biber und eine Vielzahl von Fischarten, die Mensch und Tier als Beute dienen. Selbst auf den Eisflächen im Norden leben Tiere wie Walrosse, Robben, Schneebären und Skar-Wölfe und kämpfen seit Urzeiten um das eigene Überleben. In den Meeren darunter tummeln sich riesige Fischschwärme, verfolgt von Raubwalen, Robben und Walrossen. Dort filtern riesige Njördwale mit ihren Mäulern Algen und kleinste Krabben aus dem eiskalten Wasser.
Unter all den Tierarten in Waligoi gibt es einige, die von den Wali besonders geehrt und geachtet werden und denen teilweise sogar nachgesagt wird, sie seien wie die Menschen von den Göttern mit Seelen bedacht worden. Die wichtigsten sind hier kurz beschrieben.
Thrumari sind die Reittiere, auf denen schon die Vorväter der Wali über fast zweitausend Sommer über die Ebenen des zentralen Urassu wanderten. Das einzelne Tier heißt Thrumar. Dieser Name bedeutet „Donnerer“. Den Sagen zufolge lernten die Wali während der Zeit des sechsten Khans diese Tiere zu reiten. Damals sollen die Götter einen der ihren namens Lodur gesandt haben, der die Wali lehrte, wie sie Thrumari einfangen, zähmen und reiten konnten. Die Kunst, diese Tiere zu reiten, konnte danach nie von anderen Völkern erlernt werden. Ein Thrumar ist hochbeinig, so dass seine Schulter und die eines Mannes auf gleicher Höhe liegen und er wiegt so viel wie zwanzig Männer. Dennoch kann ein Thrumar so schnell laufen, dass er fliehende Wisente leicht einholt. Auf den gedrungenen und kräftigen Hälsen sitzen mächtige Köpfe mit langen, gebogenen Hörnern über kleinen Augen. Wenn Thrumar-Bullen miteinander kämpfen, so verwüsten sie alles um sich herum. Ihre Körper sind bedeckt mit einem dichten braunen Fell, das selbst Pfeilen und schwächeren Angriffen mit Waffen wiederstehen kann. Diesen Tieren verdanken die Wali, dass sie während der Herrschaft der Töframenn diesen nicht unterlagen und in Abhängigkeit gerieten. Nach der Besiedlung Waligois entwickelten die Wali sich zu dem heute bekannten Seefahrervolk. Damals wurden viele der Thrumari freigelassen und ihre Nachkommen wandern heute verwildert über die Walischen Tundren, werden jedoch nicht bejagt. Für Kriegszwecke werden auch heute noch nur Thrumari als Reittiere eingesetzt. Ein Angriff dieser Reiterei gleicht einer Lawine im Gebirge. Oft werden angegriffene Einheiten einfach überrannt. Selbst Schildwälle brechen wie ein trockener Zweig unter diesem Ansturm. Anders als die derzeit in Mode kommenden Pferde sind Thrumari sehr wehrhaft. So können auch einzeln Tiere, von ihren Reitern richtig angereizt und gelenkt, gewaltigen Schaden austeilen. Es gibt Bericht von einzelnen Kriegern, die alleine und nur auf ihrem Thrumar erfolgreich kleiner gegnerische Einheiten bekämpft haben.
Weit im Norden gibt es riesige Tier mit langen Nasen und dickem Fell, von den Wali Mikill genannt, die selbst die Rukr nicht zu jagen wagen. Vielmehr ist berichtet worden, dass Mikill, wenn sie ein Lager der Rukr außerhalb deren Höhlen fanden, dieses mit der ganzen Herde stürmten und alles zertrampelten. In späteren Zeiten wurden Mikill von findigen Jägern gezähmt und von den Wali als Kriegsreittier eingesetzt.
Der Schneebär ist im Winter von weißer Farbe. Im Frühjahr bekommt er ein graubraunes Fell. Der Schneebär ist Einzelgänger, aber gewaltig in seinen Ausmaßen. Wenn er aufrecht auf zwei Beinen steht, ist er fast so hoch wie zwei Mann übereinander und er wiegt so viel wie ein ausgewachsener Thrumar-Bulle. Er läuft zwei Tage ohne anzuhalten so schnell wie ein Reiter und folgt einer Spur über viele Tagesmärsche. Den Kopf eines erwachsenen Rukr zerbricht er mit seinen Kiefern wie eine Nuss.
Auch der Skar-Wolf ist im Winter von weißer Farbe. Im Frühjahr bekommt er ein silbergraues Fell. Der Skar-Wolf hat eine Schulterhöhe von einem Schritt und wiegt zweimal so viel wie ein Mann. Er ist niemals alleine auf der Jagd. Man sagt, wenn man einen Skar-Wolf sieht, sitzt einem eine anderer bereits im Nacken, aber sie sind dem Menschen gegenüber nicht feindlich gesonnen. Wird einer Ihresgleichen jedoch getötet, so jagen sie den Mörder bis in die Städte und Festungen hinein und nichts kann ihn vor dem Tod retten. Nur wenig fürchten die Rukr mehr als den Skar-Wolf.
Der Tönnyr-Aar ist nach dem Gebiet benannt, in dem er seine Horste baut, dem Gebirge vor dem Hochland, das heute Tönnyr, die Zähne, genannt wird. Von dort aus fliegt er mehrere Tagesreisen weit, um Beute zu machen, darunter auch Rukr. Seine Spannweite beträgt sechs Schritte und sein Aufprall aus großer Höhe kann einem erwachsenen Rukr das Rückgrat brechen. Im Flug kann er die Last einer Bergziege tragen. Seine Unterseite ist weiß und die Oberseite grau und braun gefärbt.
Im gesamten nördlichen Land gibt es Grauluchse, die Grárkat. Diese sind jedoch nicht von der Art der südlichen Luchse, die einem Mann nur bis zum Knie reichen. Grárkat reichen ihm bis zur Hüfte und sind meisterhaft im Schleichen und überraschendem Angriff. Sie sind sogar in der Lage, alleine einen Wisent zu reißen. Selbst Skar-Wölfe behandelten sie mit aller Vorsicht und auch Mikill bringen ihre Jungen vor ihnen in Sicherheit.
Berichtet wird aus den nördlichen Zonen des Landes von einer geheimnisvollen und sehr seltenen Katze, der Skuggir, die etwas kleiner als die Grárkat ist. Aber noch niemals ist es jemandem gelungen, sie zu jagen oder ihren Bau zu finden. Während die Rukr vor der Grárkat Angst haben und ihre Varge auf sie hetzen, befällt sie bei dieser Katze blinder Schrecken. Behauptet wird, dass die Skuggir sich unsichtbar machen kann, dass sie wie der Schnee aus dem Himmel fällt und inmitten von Wachen jemanden töten kann ohne dass diese es bemerken. Die Skar-Wölfe wissen darüber sicher mehr, denn die wenigen Male, wenn eine Skuggir gesehen wurde, waren sie in Gesellschaft dieser Wölfe.
Der Orkr-Wal ist ein mittelgroßer Wal, etwa zehn bis fünfzehn Schritte lang. Er lebt gesellig in Verbänden von fünf bis zehn Tieren und macht Jagd auf Fische, Robben und Seevögel. Seine Wanderungen führen vom zentralen Hymir durch den Yggrfjord bis weit in den Norden in die Gegenden des Packeises. In einem Nebenfjord des Yggrfjords, dem Grimnfjord, sammeln sich alljährlich große Gruppen der weiblichen Wale, um ihre Jungen zur Welt zu bringen und um ihnen in den ersten Tagen eine leidlich geschützte Umgebung zu bieten. In dieser Zeit hungern die erwachsenen Tiere. Die jungen Orkr-Wale ziehen ab einem Alter von drei Jahren in eigenständigen Schulen umher und begleiten gelegentlich Schiffe, die das Meer überqueren. Wie auch Banden junger Menschen sind sie oftmals zu Spielen und Unfug aufgelegt. Die geschlechtsreifen Bullen wandern allein durch die Meere und wenn sie zusammentreffen kommt es regelmäßig zu blutigen Auseinandersetzungen, in denen nicht selten eines der Männchen verletzt oder gar getötet wird.