Wie Höggr den Himmel trug

Eines Tages saßen die Götter beim Thing. Da kamen Boten von den Djófullir aus dem Inneren der Welt und luden die Götter zu einem großen Fest in die Halle des Hrimnaglar, eines der Hohen der Djófullir. Da trotz der früheren Feindschaft zwischen den Djófullir und den Göttern seit langer Zeit Ruhe zwischen ihnen herrschte, meinte Wali, dies sei eine gute Gelegenheit, sich  um einen dauerhaften Frieden zu bemühen. So sattelten Wali, Alswiddr und Höggr ihre Thrumari und ritten zum Urrspalt. Dort stiegen sie in die Tiefe hinab. Um sicher zu sein, dass die Djófullir nichts Übles planten, sandte Wali die beiden Mäuse Hviska und Hlera aus, um in der Halle des Hrimnaglar den Hausherrn zu belauschen. Bald kehrten die Mäuse zurück und berichteten, dass Hrimnaglar die drei Götter eingeladen hatte, um sie vor seinen Untertanen durch einen Wettstreit, den sie nicht gewinnen konnten, zu erniedrigen und diesen zu zeigen, wie schwach sie seien. Alswidr riet, umzukehren, Höggr aber wollte in die Halle gehen, und alles erschlagen, was sich bewegte. Wali aber meinte, er sei zuversichtlich, dass sie jede Wette gewinnen und damit die Djófullir für lange Zeit in ihre Schranken verweisen konnten. So entschieden sie sich, weiter zu reiten.

Bald kamen sie bei der Halle des Hrimnaglar an und traten ein. Sie war mit Dófullier gefüllt und es waren nur noch Plätze an der Tür frei. Niemand begrüßte sie oder wies ihnen Plätze zu. Da trat Höggr nach vorne, dorthin, wo die Ehrenplätze waren. Er packte die Djófullir, die dort saßen und trug sie, obwohl sie sich wehrten, zu den Plätzen an der Tür. Dann nahmen sie die Ehrensitze  in Besitz und tranken und aßen, ohne ein Wort zu sagen.

Nach einiger Zeit sagte Hrimnaglar, ein mächtiger, schwarzhaariger Riese mit brennenden Augen, dass es bei seinen Festen üblich sei, zur Belustigung aller Wettkämpfe abzuhalten. Er wandte sich nun an die drei Götter und meinte, da sie Gäste seien, dürften sie sich als erste an einem Wettstreit versuchen. Da stand Höggr auf und meinte, er wolle es versuchen. Da ließ Hrimnaglar eine schwarze Steinkugel herein rollen. In dem schwarzen Stein waren viele helle Punkte zu sehen, wodurch der Stein kostbar erschien. Nun meinte Hrimnaglar, niemand habe diesen Stein bisher auch nur eine Haaresbreite hoch heben können. Er rief einen seiner Gefolgsleute, einen gewaltigen Riesen namens Krapti und hieß ihn den Stein zu heben. Dieser griff nach dem Stein und mühte sich eine Zeit lang, dann gelang es ihm, den Stein  um eine Handbreite vom Boden zu heben. Dann ließ er ihn jedoch wieder fallen, dass die Welt bebte. Mehr brachte er nicht zustande. Nun versuchte es ein anderer Riese, der war um einen Kopf größer als Krapti und hieß Vald. Ihm gelang es, den Stein um zwei Handbreiten vom Boden zu heben. Als er ihn wieder fallen ließ, sank er bis zur Hälfte in den Steinboden und wieder bebte die Welt. Ein dritter Riese trat vor, der reichte bis zum First der Halle. Seine Muskeln traten dick am ganzen Körper hervor. Er hieß Mylvir und war, wenn auch nicht der klügste, so doch der stärkste aller Djófullir. Er griff sich den Stein und ächzte, keuchte und stöhnte und alle seine Muskeln sprangen hervor. Dann hob er den Stein an und konnte ihn bis zu den Knien heben, bevor er ihn wieder fallen lassen musste. Diesmal bebte die Erde so stark, dass alle sich festhalten mussten, um nicht zu fallen. Hirmnaglar schaute ihn beifällig an und meinte dann zu Höggr, er möge nun beweisen wie es um seine Kraft stünde. Da ging Höggr zu dem Stein und umgriff ihn. Doch der Stein kam ihm sehr schwer vor und er konnte ihn bei aller Kraft kaum anheben. Da fiel ihm ein, dass die Djófullir ihn und seine Brüder demütigen wollten und er wusste, dass er nicht aufgeben konnte. So hob er mit aller Kraft und mit allem Willen den Stein langsam hoch, über eine Handspanne, über das Knie, über die Hüfte und schließlich über den Kopf, wo er ihn weit in den Himmel reckte.

Da wurde dem Hrimnaglar Angst und Bange, denn was der Gott da hob war der gesamte Weltenraum, den niemals zuvor einer hat so weit heben können. Nun fürchtete er jedoch, dass, wenn Höggr den Stein zu Boden fallen ließ, der Weltenraum zerbarst und damit alles zerstört wurde, was war. Da bat er Höggr inständig, den Stein vorsichtig wieder auf den Boden zu legen. Da sagte Wali jedoch, er wisse von dem Ding, das Höggr dort hebe. Hrimnaglar aber solle zuerst sagen, wer gewonnen habe und schwören, dass niemand von den Djófullir mehr versuchen würde, sein Spiel mit den Göttern zu treiben und dass dieser Stein von nun an den Siegern gehöre. Dies tat Hrimnaglar, um sein Leben fürchtend. Nun legte Höggr den Stein vorsichtig wieder auf den Boden und trank danach ein Horn leer, in das ein ganzes Fass Met hinein passt.

Seit dem hat niemand der Djófullir trotz aller Feindschaft jemals wieder versucht, die Götter zu hintergehen. Den Stein, der fortan Veroldsteinn genannt wurde, nahmen die Götter mit zu ihrer Halle und seit dem ruht er dort neben dem Herdfeuer und niemand außer Höggr kann ihn bewegen.

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